Kirschen und Shinjuku

Tag 4

Dabei hat alles so harmlos angefangen … Mich hats überhaupt nicht gefreut aufzustehn und hab vor mich hin gedöst. Schliesslich findet meine schlaftrunke Hand die Fernbedienung und mit einem halben Aug zapp ich duurch die Kanäle. Sonntagsfernsehn ist nicht so berauschend und bleib bei der japanischen Baseballliga hängen. Scheinen gerade die Playoffs zu sein, zuminderst wird jeden Tag ein anderes Spiel gezeigt. Hoffe ich zu minderst , sehen ja alle gleich aus und verstehn tu ich sowieso Nichts. Eine Manschaft gwinnt halt und geh duschen.

Endlich GO im Fernsehn. 56. Meiji Titel wenn ich das richtig „verstanden“ habe.  War mal interessant sowas live zu sehn und es ist ertragbar. Während die Kontrahenten sich die Birne warm denken diskutiert ein Anderer auf einer Magnettafel den aktuellen Stein und Folgezüge durch.  Lustig und nervig zugleich war die Zeitansagerin 10 Byo-Komi zu 1 1/2 Minuten. Alle 10 Sekunden wird angesagt wieviel zeit dem Denkenden verbleibt. Direkt nach dem ein Sieger feststeht wird das Spiel wiederholt und eine rege Diskussion entsteht zwischen den zwei Spielern und dem Kommentator.

Wie dem auch sei, es ist viel zu schön draussen um wirklich den ganzen Tag im Bett zu bleiben. Mal schaun was so die Japaner am Sonntag treiben und ich glaube ich habe sie gefunden … Alle!  Ich hatte Lust auf einen Parkspaziergang nur hab ich Depp ja auf Hanami vergessen. Nichts ahnend biege ich vor dem Parkeingang um die Ecke. „Na Servas!“, mir fällt sofort ein schlechter Witz ein „Wie bringt man viele Japaner auf einen Platz“, man pflanzt einen Kirschbaum und wartet bis März ist.

Ein nicht enden wollender Strom an Menschen drängt sich zum Eingang. Im Lonly Planet steht das es Eintritt kostet in der Hanami zeit um die Massen abzuhalten. Scheint nicht zu funktionieren. Ticketautomaten sind ja schon meine Freunde. 1,50 Euro Eintritt, nicht so schlimm. Die Karte war aber faszinierend. Das Gültigkeitsdatum wird im Sichtfenster aufmagentisiert und feine Eisenspähne die drinnen herumfliegen bilden die Schrift. Geiles System. Die Schranken sind die gleichen wie in der Ubahn. Man merkt sofort das diese Art an Durchgang den Japanern ins Hirn gebrannt wurde, nur war der ein wenig anderst, die Eintrittskarte kommt auf der anderen Seite nicht herraus. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, auch der Japaner. Viele greifen ins Leere und manche drehn sich verwundert um wo ihr Ticket ist.

Nach dem Eingang bietet sich mir ein Spektakel dar. Tausende Japaner wandern durch den Park, noch mehr sitzen auf Planen im bunten Kreis und unterhalten sich. Direkt am Eingang befindet sich ein Mini Recyclinghof, Müll wird hier strikt getrennt und anderst als wie bei uns bleibt nach so einem Fest kein Bild der Verwüstung oder ein Mülleberg zurück. Hut ab!.

Ich wandere durch den Park und nehme zuerst die Aussenbahn. Beim Umrunden ist weniger Verkehr besser. Mein Fotographierfinger beginnt im Schritttempo zu drücken aber eigentlich noch wenig Kirschbäume bis ich auf eine Lichtung stoße. Hier tummelt es sich, wie emsige Bienen beim bestäuben ringen sich die Japaner um die Blüten. Das Letzte wird aus den Speicherkarten und Fotoaperaten geholt. Weitwinkel oder Makroaufnahmen. Handy oder wuchtige Objektive auf Stativen. Das Einziege was von dieser Orgie am nächsten Tag zu sehen ist sind kleine Löcher im Boden von den Stativfüssen.  Die Dichte der Japaner ist abhängig von der Anzahl der offenen Blüten an einem Ast. Bei noch Geschlossenen kann man frei durchatmen und bei in voller Pracht stehenend muss mit 5 bis 10 Minuten Stau gerechnet werden. Jedenfalls zieh ich meine Runden. Aber sie sind gewappnet. Mobiklos ( nur für Damen ) und mehrere Recyclingstellen. Um 16:30 wird zweisprachig gebeten den Park zu verlassen.

Inspiriert von den herumtreibend Blüten lass ich mich im Strom treiben und mich hinwehn wie es dem Menschenstrom gefällt. Folge aber dann doch ein paar Leuten die plötzlich links abbiegen und in engen Seitengassen verschwinden. Vielleicht ist das ja eine brauchbare Abkürzung und finde mich in zwischen billigst Übernachtungsmöglichkeiten wieder. 35 Euro das Zimmer und so richtig Tokyo. Eng, klein , verwinkeltl, die Verkabelung verläuft teilweise ausserhalb die Traffos hängen vor den Fenstern und die Gasse ist so eng das ein Taxi das sich hier durchqäulte an einer Kurve zweimal den Rückwerstgang einlegen musste. Vor jeder 90 Grad Kurve ist ein Hohlspielege angebracht.

Ich lass mich auf der Hauptstasse wieder vom Tsunami erfassen und folge blindlings der Meute. Ich befinde mich nach paar Minuten gehen auf der östlichen Seite vom Shinjuku Bahnhof. Hier steppt der Bär. Eine Art Vergnügungs und Shopping Viertel. An jeder Ecke blinkts und schreit ein Japaner irgendwas werebendes für sein Geschäft. Wie eine Boje treibe ich im Meer von Japaner und anscheinend egal in welche Richtung man sich bewegt, immer gegen die Strömung. Ich komme an unzähligen Pachinko Tempel vorbei, anscheinend jedem Japaner sein eigener Automat ist die Devise. Auf mehreren Stockwerken werden die Automaten mit Stahlkugeln gefüttert. Glückspiel scheint generel in Japan groß geschrieben zu sein. Selbst in Spielhallen wo Automaten wie „House of the Dead 4“ stehen findet man Pachinko und die „Münzschiebe“-Automaten die man aus Casinos kennt, nur halt Japan steil. Slot Maschine und Münzen + Kugelbahn. In einem Spieletempel offenbart sich mir die Mutter dieser Kombination. Gallileo. 10 Leute können hier an einer runden Tafel platz nehmen. In der Mitte eine Stahlgeflecht aus  Kugelbahnen auf denen Bälle herumlaufen die einen schwindlig machen.Keine Ahnung ob man irgendwie beinflussen kann das ein Flummi auf sein Münzen vor einem landet aber ich glaub das weis nichtmal der Erfinder.

Leider steht bei solchen Automaten immer Wachpersonal. Fotographieren verboten. In einem anderen Spielepalast finde ich ein anderes Extrem. Ultra-HourseRider-EX-Std. Virtuelles Pferderennen. Mehrere Sitzgelegenheiten mit eigenem Monitor, Becherhalter und Aschenbecher werden hier von Profis belagert die akribisch über Siege und Pferde Buch führen. Die Dämmerung setzt ein und es wird dunkel. Nun geht das Farbenspektal auf der Straße los. Unzählinge Tafeln Blinken in wilden Rythmen vor sich hin. Als ich wieder bei Sinnen bin find ich mich in einer Seitengasse wieder wo recht wenig los war. Aja, Vergnügung für die Leistengegend. DVD Kabinen und Love Hotels wie mir scheint.

Mir wirds zuviel und ich breche richtung Hotel auf. Es mag einfach nicht aufhören unmengen an Menschen, Lichtern und Geräuschen rund um einen herum und ich mitten drin. Es vergeht noch einige Zeit bis ich auf meiner Standardroute an dem KrispyKreme Dougnutladen vorbei kommen. Ich habe dort noch nie keine Schlange anstehen gesehn, egal zu welcher Uhrzeit.

Übrigends wurde ich beim weggehen zum ersten mal im Aufzug englisch angesprochen.  „Your Zipper is down“. Ich hätte doch im Bett bleiben solln.

Published in: on 2009/03/29 at 12:22  Comments (3)  
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